Babetteria 33: Office-365-Experten-Interview

Babett33GsOffice 365 ist die Cloud-Lösung von SharePoint 2013. Welche Vorteile bringt ein Social Intranet in der Cloud, welche Risiken muss man abwägen und für wen eignet sich diese Lösung? Dazu habe ich mit Martina Grom gesprochen, der ersten deutschsprachigen Microsoft MVP für Office 365. Sie ist die Geschäftsführerin von atwork information technology, einem auf Online- und Cloud-Lösungen spezialisierten IT-Unternehmen in Wien.

Martina, was sind die Chancen und Risiken der Cloud-Lösung?

Office 365 begleitet mich schon eine ganze Weile. Bevor wir uns die Chancen und Risiken anschauen, sollten wir erst einmal klären, was Office 365 überhaupt ist. Mit Office 365 steht ein Service zur Verfügung, der alles bietet: vom E-Mail-Zugriff über Zusammenarbeit, Kommunikation und persönlichen Online-Speicher bis hin zum installierten Office. Da Office 365 ein Service ist, kann es ganz einfach gemietet und sofort verwendet werden. Dieser Service ist besonders flexibel, weil der Kunde immer genau das Produkt mietet, das für ihn aktuell das geeignetste ist – und gegebenenfalls auch wechseln kann.

Die Chancen sehe ich insbesondere darin, dass Office 365 mit den persönlichen Ansprüchen mitwächst und die Kunden dadurch immer das für sie passende Produkt haben. Außerdem ist es nicht erforderlich, eine IT-Infrastruktur vorzuhalten oder sich um Updates oder Wartungen zu kümmern. Mit Office 365 erhalten die Nutzer ganz automatisch immer die neueste Softwareversion. Das ist auch hinsichtlich der Kosten attraktiv.

Was sind die Risiken, wenn das Intranet in der Cloud liegt?

Die größten Befürchtungen innerhalb der Unternehmen drehen sich um die Themen Privacy und Security. Auf der einen Seite haben die Mitarbeiter Angst, dass ihre privaten Daten und Informationen eingesehen werden können. Die Sorge, dass „jemand mitliest“ ist in den Köpfen sehr präsent. Auf Unternehmensebene hingegen gibt es die Befürchtung, dass Daten, die auf externen Servern abgelegt werden, nicht 100%ig sicher sind. Aktuelle Ereignisse wie die NSA-Vorfälle schüren diese Sorge natürlich zusätzlich. Das ist jedoch nicht nur ein Cloud-Thema, sondern die Sicherheitsfrage ist in Unternehmen generell gegenwärtig. Risiken gilt es daher stets von Fall zu Fall abzuwägen. So gibt wohl niemanden, der hochsensible Daten wie Patentinformationen unverschlüsselt im Intranet ablegen würde.

Im Großen und Ganzen erfordert das Arbeiten mit einer Cloud-Lösung immer Vertrauen. Es ist ähnlich wie bei einer Bank: Wir bewahren ja auch nicht unser ganzes Geld zu Hause unter der Matratze auf, weil uns das sicherer erscheint, sondern wir haben im Normalfall ein Bankkonto und eventuell ein Sparbuch. Wir vertrauen also auf die Bank und auf ihre Serviceleistungen. Bei einem Cloud-Service ist es ähnlich: Es ist nicht unbedingt notwendig, einen eigenen Mail- und SharePoint Server zu betreiben, sondern man kann diese auch einfach über Office 365 mieten.

Neulich habe ich einen spannenden und ausführlicheren Artikel zu Befürchtungen im Hinblick auf Office 365 gelesen, den ich nur empfehlen kann. Manch einer fragt sich jetzt vielleicht, ob da nicht auch Google Docs oder Yammer reicht.

Als Teil von Office 365 bietet SharePoint Online dem Anwender die Office Web Apps, Skydrive Pro mit sieben GB persönlichem Storage, einen Newsfeed, ein eigenes Profil und optional eine offizielle Website.

Google Docs deckt davon nur ein Teilgebiet ab, nämlich den Bereich rund um die Office Web Apps. Was mir in diesem Zusammenhang immer wieder auffällt, ist fast schon ein Äpfel-mit-Birnen-Vergleich: Office Web Apps sind browserbasierte Versionen der gewohnten Office Produkte, Google Docs funktioniert anders. Das mag zwar für viele ausreichend sein, aber wenn der Anwender „sein“ Office verwenden möchte, wird er sich mit den Office Web Apps schneller „zu Hause“ fühlen.

Yammer ist großartig. Das soziale Netzwerk für Unternehmen bietet alles, was man rund um Enterprise Social benötigt. Man kann damit kommunizieren, Dateien austauschen, Gruppen bilden, Posts liken und vieles mehr. Wenn sich ein Unternehmen zu Office 365 und SharePoint Online entschließt, sollte tatsächlich eine Evaluierung stattfinden, welchen Weg man hier gehen möchte: Soll der Newsfeed durch Yammer ersetzt werden? Oder bleibt man ausschließlich bei SharePoint Online? Diese Fragen sollte man tatsächlich bedenken. Ich tendiere im Moment dazu, neuen Kunden Yammer zu empfehlen. Warum? Weil sie damit eine Kombination aus SharePoint Online und Enterprise Social verwenden können. Anders schaut es bei On-Premise-Installationen von SharePoint aus: Nachdem es Yammer nur als Cloud-Service gibt, bleiben für den On-Premise-SharePoint-Anwender nur die Social Features von SharePoint. Aber das ist nicht unser Thema hier, wir reden ja über die Cloud.

Für welche Zielgruppe eignet sich Office 365 besonders?

Ich betreue Kunden jeder Größe und Branche, von ganz kleinen Unternehmen bis hin zu wirklich großen Enterprise-Kunden, sogar Universitäten. Die 2. SharePoint Sendung berichtet über das Social Intranet des BDSU. Zum Glück ist Office 365 flexibel genug, dass sich für alle ein Anwendungsfall findet.

Office 365 ist in unterschiedliche Pläne geteilt. Dadurch ist der Service für Unternehmen jeder Größe interessant, da er je nach Unternehmensanforderung einzelne Anwendungen bietet oder nicht. Beispielsweise sind in den großen Enterprise-Plänen unlimitierte E-Mail-Archive enthalten, die ein kleineres Unternehmen nicht braucht.

Ich sehe immer wieder, dass Office 365 gerade für kleine und mittelständische Betriebe ein enormes Potential bietet: Ich selbst habe meine Standarddienste über diesen Service abgebildet. Office 365 hat eine garantierte Verfügbarkeit von 99,9% – das ist ein Wert, den KMU mit einer On-Premise-Lösung und vernünftigem Budget nicht erreichen werden.

Was muss man als kleines oder mittleres Unternehmen vor dem Projektstart alles bedenken?

Wir haben mittlerweile viele Tausend User erfolgreich in die Cloud begleitet. Was ich bei Cloud-Projekten gelernt habe, ist, dass vor allem eine gute Vorbereitung den reibungslosen Umstieg ermöglicht. Ins Projekt springen und drauflosklicken ist hier nicht zielführend.

Wir gehen immer so vor, dass wir zuerst eine genaue Anforderungsbestimmung durchführen. Das kann bei einem kleinen Kunden eine Stunde dauern, bei einem großen Kunden aber schon mal ein bis zwei Wochen in Anspruch nehmen. Dabei werden Ziele definiert, Anforderungen geklärt, rechtliche Fragen diskutiert, die Architektur geplant. Mein schnellster Umstieg dauerte (gestoppte) 22 Minuten, bis ein kleines Unternehmen mit acht Benutzern „up and running“ mit Office 365 war. Das bleibt aber wohl eher die Ausnahme.

Rein theoretisch könnte ein Portal in zwei Wochen stehen. Sollten Unternehmen ihre Mitarbeiter so schnell ins Portal lassen?

Aus der Praxis weiß ich, dass diese Faktoren keine Frage der Technologie, sondern der Unternehmenskultur sind. Ich kenne Unternehmen, deren Mitarbeiter dazu angeregt werden, neue Wege zu gehen und Dinge selbst auszuprobieren – Learning by Doing. Andere wiederum haben den Ansatz, alles möglichst genau vorauszuplanen. Wenn jemand noch nie mit SharePoint oder mit Intranets gearbeitet hat, würde ich durchaus empfehlen, eine Planung zu machen und zu zeigen, was alles möglich ist. Auch die Yammer-Frage Richtung Enterprise Social gehört dabei geklärt. Schulungen sind ein wichtiger Teil im Projektplan um sicherzustellen, dass alle Anwender das neue Medium verstehen und auch nutzen.

Hier sind wir an dem Punkt, wo ich mir von den SharePoint-Partnern wünschen würde, dass sie die Kunden darauf hinweisen, dass gerade Social-Intranet-Projekte keine reinen Technik-Projekte sind. Mit neuen Arbeitsweisen geht auch ein Wandel in den Organisationen vor sich. Und umgekehrt: Auch im Organisationsaufbau, in der Kommunikation und im Führungsstil sind Änderungen erforderlich, damit die Zusammenarbeit in der Arbeitswelt 2.0 funktioniert. Dieser Wandel braucht Kommunikation und Begleitung. Und Zeit.

Du musst die Partner auch verstehen, viele kommen aus einem rein technischen Umfeld. Eine Lösung oder ein Softwareprojekt wird besprochen und implementiert –das ist wie ein Handwerk. Ich sehe oft mit einem lachenden und einem weinenden Auge, was man aus SharePoint so alles machen kann. 😉

Aber es sind nicht die Partner allein, die ein Social-Intranet-Projekt mit dem Launch des Intranets beenden. Die langfristige Begleitung und das Leben dieses Wandels stellen einen großen Teil des Projekts dar. Benutzer müssen begeistert werden. Das Intranet, das gedeihen soll, muss gepflegt werden – wie eine Pflanze: Erhält sie keine Nahrung, verkümmert sie.

Über Office 365 verfolge ich einen sehr starken Standardisierungsansatz – ein Intranet erst einmal mit den Funktionalitäten verwenden, die schon dabei sind: Es live erleben, neue Erfahrungen sammeln und erst dann anpassen. Die meisten Menschen wissen erst dann genau, was sie wollen, wenn sie sich eine Lösung erarbeiten – dann sind alle mit Feuereifer dabei. Das schätze ich so an Yammer – hier geht es um Kommunikation, nicht darum, ob das Intranet jetzt gerade blau oder grün ist.

Mitarbeiterbegeisterung – eines meiner Lieblingsthemen … Aber kommen wir zur letzten Frage: Was meinst du, wie lange es dauern wird, bis mehr Unternehmen Cloud-Lösungen nutzen als SharePoint Server?

Ich denke, dass in wenigen Jahren der Großteil aller User auf SharePoint Online umgestiegen sein wird und nur noch ein kleiner Teil der Unternehmen SharePoint On-Premise nutzen wird.

Zum Schluss würde ich aber gerne selbst noch eine Frage stellen: Warum trägst du eigentlich fast immer Rot?

Ich trage eigentlich gar kein Rot – sondern perlrot. :o) Für mich steht die Farbe für Leidenschaft und Kraft – einfach perfekt, wenn es darum geht, mich und meine Begeisterung für das Thema Intranet zu zeigen! Danke für deine Zeit, liebe Martina!

So, wer mehr wissen möchte: Martina bloggt über aktuelle Technologien und News in blog.atwork.at , im Microsoft-TechNet-Team-Austria-Blog (), im TechNet Deutschland und in der cloudusergroup-community. Als @magrom twittert sie über aktuelle Themen rund um Office 365 und Yammer. Im April 2012 hat sie ein Buch zu Office 365 (Microsoft Office 365 in kleinen Unternehmen: Ihr Weg in die Microsoft Cloud – schnell und einfach) veröffentlicht und im November 2012 ist Microsoft Windows 8 Pro – Das Handbuch erschienen, beide bei Microsoft Press.

1 Kommentar

  1. Also ich finde die Informationen über Office 365 lesen sich sehr gut. Hört sich nach einer super Lösung von SharePoint 2013 an. Vorallem das ein reibungsloser Umstieg möglich ist, finde ich sehr gut. Es erspart nämlich somit einiges ein Zeit. Ich glaube an den Erfolg von Office 365.

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