Babetteria 17: Gamification II mit SharePoint MVP Christoph Müller

Nach meinem ersten Artikel zum Thema „Gamification“ führte mich der Weg der Erkenntnis weiter in die Schweiz. Die dort ansässige Firma Peaches Industries hat einen sehr guten Ruf als Bindeglied zwischen der Organisationsentwicklung und der Realisierung von Intranet-Plattformen. Ein Grund mehr für mich, bei Christoph Müller, Principal Consultant und MVP SharePoint, vorstellig zu werden und zu fragen: „Woll’n wir eine kleine Runde spielen?“

Dann los! Ich sehe Gamification als ein nützliches Tool, um alltägliche Probleme mithilfe von Spielelementen zu lösen. Intranets sind dank SharePoint eine ideale Plattform, um diese Elemente zu verwenden. Bevor es mit Gamification losgeht, muss man sich erst überlegen: Soll das Intranet verkaufen, 30 % mehr Leser gewinnen oder 50 % der Leser halten. Oder!?

Im Gespräch wird eines schnell klar: Es reicht nicht, nur das Intranet zu verkaufen, auch die Inhalte müssen gepusht werden. Dabei kann ein Perspektivenwechsel helfen: den Intranet-Nutzer als Kunden betrachten. Wenn man so denkt, kommt man laut Müller zu ganz anderen Überlegungen. Was draußen bei Kunden funktioniert – von „Kaufe zehn, erhalte eins gratis“ über Payback-Punkte bis hin zum Vielfliegerprogramm – kann auch im Intranet funktionieren. „Der Prozess des Spieldenkens und der Spielmechanik hilft, die Aufmerksamkeit der Benutzer zu steigern, Probleme zu lösen und Aufgaben zu erledigen“, so Müller in seinem Artikel im SHAREPoint Magazin 3.2012. Dennoch gibt es einiges zu beachten.

Die technische Umsetzung von Gamification ist nicht so schwierig. Aber die Kommunikation. Mit Gamification erreiche ich schnell das Gegenteil von dem, was ich eigentlich will (…) Gamification ist ein Change-Management-Problem (…) Gamification ist ein ambivalentes Werkzeug. Oder!?

Nehmen wir das Beispiel „Kaufe zehn, erhalte eins gratis“. Eine klassische Methode, um dafür zu sorgen, dass Menschen bestimmte Dinge tun. Aber diese Methode ist auch problematisch, erklärt Müller, denn: „Man verschenkt etwas, für das der regelmäßige Kunde bezahlt hätte. Die Frage ist, hätte der Kunde auch gekauft, ohne dass wir Dinge verschenkt hätten? Das ist eine heikle Gratwanderung. Umgekehrt fühlen sich Neukunden hierbei unter Umständen benachteiligt, da bestehende Kunden bevorzugt werden. Für unsere Intranet-Sicht ist das wichtigste Manko allerdings, dass sich die Benutzer oder Käufer an Geschenke gewöhnen. Diese Erwartungshaltung können wir aus Portalsicht nicht konstant aufrechterhalten.“

Ähnliches gilt bei Incentives: Warum sollte man weiterspielen, wenn man sein Honorar erhalten hat? Eine Lauf-App für die Mittagspause bringt vielleicht viele Punkte, aber spricht es auch alle Mitarbeiter an? Wie motiviert fühlt sich ein Sportmuffel, wenn er endlich seinen inneren Schweinehund überwunden und mit dem Laufen angefangen hat, aber trotzdem im Ranking immer ganz unten steht? Und was ist, wenn beispielsweise das Einstellen von Dokumenten viele Punkte bringt, die Motivation stimmt, aber in einer Abteilung einfach nicht so viele Dokumente anfallen? Wenn einer nur noch Dinge tut, um Punkte zu sammeln, und statt einer umfassenden Antwort zwei Teilantworten gibt, um zweimal Punkte zu erhalten, dann ist das nicht im Sinne des Erfinders. Es geht ja gerade darum, den Mehrwert des Intranets zu erkennen und es effektiv zu nutzen.

Okay, spätestens nach der Aufzählung der „Risiken und Nebenwirkungen“ bei Gamification ist klar, dass man beim Einsatz der „Spielzeuge“ sensibel und strategisch klug vorgehen muss. Haben Sie jetzt ein Beispiel, wie Gamification bessere Ergebnisse erzielt als jede Anweisung des Geschäftsführers?

Hier bringe ich gern die ungeliebten Metadaten ins Spiel. Sie sind wichtig, um Filter und Relevanz der Suchresultate genau auszubalancieren. Doch für Benutzer ist das Eingeben der Metadaten oft zeitraubend oder gar überflüssig. Das mühsame Taggen von Dokumenten gilt es also spielerisch zu belohnen. Hier bieten sich z. B. Badges an. Zudem sollten die Benutzer für die Notwendigkeit von Metadaten sensibilisiert und dazu motiviert werden, andere Benutzer darüber aufzuklären. Hierzu könnte man Aktivitäten einen Status oder Levels zuweisen und in einem Leaderboard anzeigen. Oder!?

Müller drückt mir das SHAREPoint Magazin 3.2012 in die Hand und führt aus: „Das Spiel würde etwa folgendermaßen funktionieren:

  • Benutzer, die viele Dokumente mit Metadaten versehen, bekommen viele Badges.
  • Benutzer, die viele Badges haben, werden auf der Homepage aufgeführt.
  • Benutzer, die auf der Homepage aufgeführt sind, können mit realen Werten belohnt werden, beispielsweise Geschenkgutscheine für ein Essen zu Zweit.
  • Benutzer mit gewissen seltenen Badges werden zu Metadata Comunity Leader erhoben (Status). Diese Leader werden vom Portalteam mit Informationen versehen, damit sie Mitarbeiter ausbilden können oder sie bekommen Direktzugang zum Portalsupport, ohne dass sie über die offiziellen Helpdesk-Nummern gehen müssen.

Das Metadatenspiel basiert also darauf, dass Benutzer für jede hinzugefügte Metadateneingabe Punkte bekommen. Ab einer gewissen Punktzahl bekommt man einen Badge. Badges für ein solches Metadatenspiel könnten wie folgt aussehen:

  • Metadata Held: 30 Prozent aller Dokumente, die hochgeladen wurden, sind mit Metadaten versehen.
  • Metadata Superheld: Alle Dokumente, die hochgeladen wurden, sind mit Metadaten versehen.
  • Metadata Rockstar: Nachträgliche Dokumente auf einer Teamsite wurden von anderen Mitarbeitern mit Metadaten versehen.
  • Metadata Archaeology: Termsets. Feedback wurden an das Portalteam geschickt.
  • Metadata Flashmobber: Termsets wurden selbstständig erweitert.“

Müller weist noch einmal darauf hin, dass jetzt nicht auf einen Schlag alle Mitarbeiter im Unternehmen gewissenhaft Metadaten zu Dokumenten eintragen. Die Überzeugten und die Fleißigen, die es schon immer getan haben, werden es auch weiterhin tun. „Wenn das Spiel enthusiastisch genug ist, werden Metadaten-Muffel auch damit beginnen. So könnte sich über die Mitarbeiter-Status-Funktion eine eigene Metadata-Community etablieren. Diese Gruppe kann mittelfristig andere Benutzer über die Notwendigkeit von Metadaten aufklären und dem Portalteam die nötigen Feedbacks liefern“, argumentiert Müller.

Während ich mir noch weitere Gamification-Beispiele anschaue, bringt Müller schon eine neue Idee ins Spiel: gesammelte Bilder innerhalb einer Community in virtuelle Werte umzuwandeln – also dem klassischen Szenario „tausche Sammelbild 3 gegen Sammelbild 5“ eine virtuelle Wertigkeit zu verschaffen, da Bild 3 in meinem Freundeskreis eventuell gesuchter ist als in einer anderen Gruppe. Sind irgendwann alle Sammelbilder vollständig, kann der Hersteller dann elektronische Coupons als weitere Marketingmaßnahme verwenden, um mit dem Kunden in Kontakt zu bleiben. Also „Tausche mein Bild 4 gegen einen Gutschein für 10 Packungen neuer Bilder“). Getestet wir diese neue Idee schon bei http://www.heatmapz.com. Da bin ich gespannt, wann das im Intranet landet. Eine letzte Frage hätte ich noch:

Herr Müller, wenn Sie sich was fürs Intranet wünschen könnten, so ohne Ressourcengrenzen?

Einen Wunsch? So richtig Zukunft? Dann gibt es nur noch eine Plattform, einen Kanal: Internet, Intranet, Extranet und Collaboration in einem. Oder!?

Oha! Haben Sie auch noch eine Frage an mich?

Babett, warum bist du eigentlich nicht vollsynchron?

Moment mal, wo ist hier dieses „Oder!?“ am Satzende? Ich bin ich. Echt! Echt Babett! So etwas wie hier gilt es zu vermeiden:

http://www.youtube.com/watch?v=WnzlbyTZsQY

So, wer noch mehr zum Thema Gamification erfahren und das charmante „Oder!?“ am Satzende in perfektem Switzerdütsch erleben möchte, der komme zum SharePoint Day am 21. November 2012 in München.
Meine Chefin hält mit mir übrigens einen Vortrag zum Thema „Intranet Marketing“ – nach Christoph Müllers „Gamification“. Wir sehen uns. Oder!? 

(Übrigens: Meine Leser bekommen einen 15%-Rabattcode für den SharePoint Day.) 

Der SP2013 profile completion progress tracker soll den Benutzer dazu animieren, sein Profil aktuell zu halten. Bei jeder Vervollständigung gibt es Punkte. Nach dem Erreichen von 100 % wird der „progress bar“ausgeblendet. Beim Hinzufügen neuer Felder im Intranet-Portal wird der Balken wieder als unvollständig angezeigt.